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Kästorfer Siedler klagen gegen Zwangsräumung

Foto GF Rundschau
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Fünf Musterverfahren sollen das Schicksal der 38 Pächter im Schneppelmoor klären.

Kästorf Das Drama um 50 Menschen aus der Kästorfer Waldsiedlung Schneppelmoor schwelt weiter. Zwar war es in den vergangenen Monaten still geworden um die von der für Herbst 2023 angeordneten Zwangsräumung betroffenen 38 Grundstückspächter im Norden des Ortsteils. Doch vor der zweiten Kammer des Verwaltungsgerichts Braunschweig tobt ein erbittertes Ringen um das Schicksal der Hausbesitzer, die finanziell ohnehin nicht auf Rosen gebettet sind.

Müssten sie ihre Häuser verlassen, stünden die meisten vor dem Nichts. Zudem müssten sie nach dem Auszug die Immobilie auf eigene Kosten abreißen lassen, was einen Neuanfang andernorts zusätzlich erschweren würde.

Formal haben die meisten Schneppelmoor-Siedler Widerspruch eingelegt gegen die Nutzungsuntersagung der Stadt und die Beseitigungsanordnung. Nachdem die Stadtverwaltung diese Widersprüche abgewiesen hatte, ging es vor Gericht. 25 Siedler lassen sich nach Auskunft des Kästorfer Ratsherrn Manuel Teckenburg von der Celler Anwaltskanzlei Dr. Lange vertreten. Eine Minderheit hat andere Rechtsanwälte mandatiert. Alle beantragen, die Widerspruchsbescheide der Stadt aufzuheben. Die Stadt Gifhorn setzt auf ihren Haus-und-Hof-Anwalt Appelhagen.

Die Streitparteien haben mittlerweile umfangreiche Schriftsätze ausgetauscht. Die Frage, ob das Wohnen in der Waldsiedlung zulässig ist, wird historisch, baurechtlich, melderechtlich und unter dem Gesichtspunkt möglicher Gesundheitsgefährdung durch das benachbarte Sanierungsgebiet Merkelsche Grube beleuchtet. Der Siedleranwalt erkennt eine „aktive Duldung“ des Wohngebiets bereits seit den 1960er Jahren.

Gifhorns Anwalt Appelhagen nennt die Siedlung dagegen „das Musterbeispiel einer regellosen Ansammlung von Häusern im Außenbereich. Wenn dies ein Ortsteil mit der Folge des Baurechts gemäß Baugesetzbuch wäre, müsste jede illegale Errichtung von Wochenendhäusern nur aufgrund ihrer Zahl und durch illegale Umnutzung zum Dauerwohnen im Außenbereich genehmigt werden“.

 

Einen Fingerzeig, wie das Gericht die Situation einschätzt, wird eine mündliche Verhandlung ergeben, möglicherweise mit Ortstermin. Um Struktur in die Sache zu bringen, hat die Kammer erst einmal 25 Einzelklagen ruhend gestellt. Fünf Anträge werden zu Musterverfahren gemacht, um an deren Beispiel die entscheidenden Punkte zu klären. Das erste Jahr der zweijährigen Frist ist verstrichen.

GF Rundschau 07.12.2022